Wie ist das also wirklich, mit der Jugend und Partys?

Am Dienstag habe ich auf meinem Twitter-Account einen kurzen Thread über das Sozialleben von Jugendlichen während der Covid-19-Pandemie geschrieben und dabei unter anderem in den Raum gestellt, die jüngere Generation wäre vielleicht von der Politik vergessen worden.
Dies löste eine breite Diskussion darüber aus, ob wir wirklich so eingeschränkt seien und ob wir uns überhaupt über unsere Situation aufregen dürften, während andere Menschen in Österreich und auf der ganzen Welt von anderen Problemen betroffen sind. In diesem Post möchte ich kurz meine Sichtweise auf das Thema darstellen.


„Vielleicht wurde halt auch auf die Jugend vergessen. Unser Sozialleben findet auf Parties, bei Konzerten und bei Festivals statt – All das ist eingeschränkt. Stärker als die Möglichkeiten der „Alten“, die gut am Nachmittag ins Kaffeehaus sitzen können. Das machen wir halt nicht.“ – Das war der Ausgangstweet, mit dem ich versucht habe darzustellen, wie die aktuelle Situation für uns ist. Für die Clubgänger, für die Konzertliebhaber, für die Auf-Festivals-Camper und für die Lang-In-Der-Bar-Chiller. Während eben Konzerte und Festivals abgesagt werden, während eben Clubs weiterhin und noch auf unabsehbare Zeit geschlossen sind und während eben für Lokalitäten jeder Art die Sperrstunde um 1.00 Uhr morgens gilt. Klar, sicherlich etwas überspitzt, dieser kurze Text – mit den „Alten“, ein Begriff, der scheinbar für die größte Aufruhr sorgte.

Ich muss sagen, ich hätte mir den Sommer nach meiner Matura auch anders vorgestellt. Mit anderen Festen, mit längeren Nächten und mit vielen Konzerten und Festivals. Dass das nicht so passieren wird und auch nicht passieren kann – das möchte ich betonen und das habe ich in diversen Tweets auch immer wieder dargestellt -, war mit dem Beginn der Einschränkungen bereits klar. Und es war selbstverständlich, gemeinsam Solidarität zu beweisen – die Regierung pflegt ja „Schau auf dich, schau auf mich“ zu predigen. Die Allermeisten haben sich daran gehalten, ob jung oder alt.

Was nun aber Kollege Johannes Huber in seinem VN-Kommentar am vergangenen Samstag sagte, hat mich zum Nachdenken angeregt: „Zahlreiche Studien belegen, dass eine Rezession bei Jungen nachhaltige Spuren hinterlässt. Grund: In harten Zeiten ist es schwieriger, ins Berufsleben einzusteigen. Man muss eher nehmen, was da ist. „Karrieren“ beginnen weiter unten und damit auch schlechter bezahlt. Es braucht Jahre, das wettzumachen“. Und weiter: „Jung sein heißt aber auch leben, reisen, feiern und Grenzen überschreiten. Dinge eben, die gerade verpönt sind oder gar unterbunden werden. „Party machen“ geht gar nicht. „Abstand halten“ ist angesagt.“ Außerdem schrieb er von der Verantwortung der Politik, die sie jetzt gegenüber den Jugendlichen wahrzunehmen habe: „Sie steht – wie die gesamte Gesellschaft – mehr denn je in der Verantwortung, Jungen zumindest Gehör zu schenken, sie ernst zu nehmen und gemeinsam Lösungen zu suchen. Das gehört ganz rauf auf die Agenda. Es geht um die Zukunft einer Generation.“

 

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Dies, gemeinsam mit dem Tweet von Gesundheitsminister Rudi Anschober, den er nach einigen Infektionsfällen bei meist „jungen Männern“, die aus Kroatien zurückkamen, absetzte (er endete klingend mit „Reißt Euch zusammen und übernehmt auch Verantwortung!!“), brachte mich dazu, diese Diskussion anzuregen. Weil eben immer mehr das Gefühl aufkam, dass versucht werde, in so vielen Branchen wie möglich für Auswirkungen aufgrund der Einschränkungen Alternativen zu finden, hierbei aber die Bedürfnisse der jungen Menschen außer Acht gelassen wurden.
Uns fällt auf: das Kaffeehaus in der Wiener Innenstadt darf zum Beispiel mittlerweile wieder zur „Hauptverkehrszeit“ offen halten, Bars müssen weiter um 1:00 schließen, diverse Clubs werden gar nicht erst geöffnet. Die Salzburger Festspiele und der Jedermann fanden auch statt, das Donauinselfest und diverse Festivals mussten ausfallen. Es sind solche Kleinigkeiten, die ebendiese Eindrücke aufkommen lassen.

Hinzu kommt, dass es mittlerweile verpönt ist, an den meisten öffentlichen Orten „fortzugehen“, wenn schon die „normalen“ Möglichkeiten nicht vorhanden sind. In der Innenstadt fühlen sich Anrainer wegen angeblichen Lärms gestört, mit Bier wird man von Badeseen weggeschickt und wenn man am Donaukanal sitzt, muss man sich auf einen Shitstorm in den sozialen Medien einstellen. Klar, vergleichsweise sind das „simple“ Probleme, vor allem inmitten dieser Pandemie. Aber die sollten aus meiner Sicht nicht außer Acht gelassen werden, auch um das gemeinsame Miteinander – natürlich immer vor allem zwischen den Generationen –  zu fördern.
Und, ja, weil das auch einige Male angesprochen wurde: viele Familien in Vorarlberg haben eigene Gärten. Aber diese regelmäßig einzunehmen und gegenüber den anderen Familienmitgliedern zu verteidigen, ist selbst in normalen Zeiten schwer. Und speziell in den jetzigen Zeiten sind viele Eltern sicherlich nicht allzu glücklich damit. Wie auch die Nachbarn. Ganz abgesehen davon, dass der Besitz eines Gartens keinesfalls die Normalität ist.

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Dass das für Jugendliche – also besonders für die Personen, die sich in einer sehr prägenden Lebensphase befinden, für die soziale Kontakte essentiell sind – schwierig ist, dürfte wohl klar sein. Von außen sieht es wahrscheinlich so aus, als wäre das Kritik auf höchstem Niveau. Das ist es vielleicht auch. Twitter-User @kofi2go hat unter meinen Tweet geschrieben: „Kenne Alter[s]heim-Insassen, die 4 Monate de facto weggesperrt wurden. DAS ist brutal. Und grundsätzlich haben wir kein Generationenproblem, sondern eine scheiß Pandemie“. Und ich muss ihm recht geben.

Aber mir ging es eben nie darum, Situationen gegeneinander aufzuwiegen. Ich habe nie behauptet, dass die Jugendlichen am Stärksten betroffen wären und ich habe auch nicht behauptet, dass die Jugendlichen die größten Opfer wären. Vielmehr wollte ich eben auch ein Bewusstsein für einmal andere Situationen schaffen. Und ich denke bzw. hoffe auch, dass es verständlich ist, wenn man ganz leise fordert, vielleicht auch Alternativen für die Situation zu schaffen, von der man am meisten betroffen ist. Oder weingstens ein wenig Verständnis dafür. So, wie es halt in ganz vielen anderen Branchen gelaufen ist.
Es geht nicht darum, keine Einschränkungen erleben zu müssen, das ist klar. Aber man kann versuchen, das Leben mit den notwendigen Restriktionen so gut wie möglich in Einklang zu bringen. Ganz ohne Generationenkonflikt. Heutzutage wichtiger denn je – und gerade in Zeiten solch einer Pandemie – ist wohl eine Zusammenarbeit über alle Jahrgänge hinweg.

Natürlich muss das immer unter der Prämisse laufen, so gut wie möglich gegen Covid-19 anzukämpfen. Aber auch das müsste mit den Bedürfnissen junger Menschen vereinbar sein. Zum Beispiel könnte diese frühe Sperrstunde von Lokalitäten wieder abgeschafft werden (wieso das Virus nach 1:00 Uhr gefährlicher sein soll, ist mir bis heute nicht klar), man könnte für mehr Verständnis in der Gesellschaft plädieren, wenn es an öffentlichen Orten – wenigstens am Wochenende – etwas lauter wird und gleichzeitig das Shaming über das Pflegen sozialer Kontakte einstellen. Vor allem, wenn eben das draußen passiert. Weil, wie Mario Dujaković, Sprecher von Wiens Gesundheitsstadrat Peter Hacker, nämlich auf Twitter bekannt gab, ließ sich keine einzige Ansteckung in der Bundeshauptstadt auf Kontakt im Freien zurückverfolgen (Stand: 31. Juli 2020). Nur mal so nebenbei.

Auch die Schaffung von infrastrukturellen Grundlagen wäre toll. Es gäbe zum Beispiel einen sensationellen Geheimtipp dagegen, um zu verhindern, dass die „bösen Jugendlichen“  am Ende einer Nacht ihre Bierflaschen neben den Mistkübeln stapeln: mehr Mistkübel aufzustellen. Und ein paar Dixi-WCs, gerne auch irgendwo in einer Nische versteckt, wären nett – sonst müssen wir, wie gestern von jemandem vorgeschlagen, auf eine Wärmflasche umsteigen??

Ganz allgemein ist halt leider zu sagen, dass es für Jugendliche oft zu wenig Möglichkeiten gibt – nicht nur in diesen Zeiten -, (außerhalb der eigenen Grundstücke) in der eigenen Gruppe fortzugehen, Musik zu machen und das ein oder andere Bier zu trinken. Und all das eben, ohne Sorge haben zu müssen, etwas verbotenes zu tun. In Vorarlberg spreche ich hier aus einer privilegieren Position – hier sind wir mit Bächen und Baggerseen verwöhnt. Aber vor allem in den Städten wird diese fehlende Infrastruktur – kombiniert mit Unverständnis für die jeweiligen Situationen – immer mehr zum Problem. Das könnte man sich sicher für die Post-Pandemie-Zeit mitnehmen, das zählt nämlich nicht nur jetzt.

2 Antworten auf „Wie ist das also wirklich, mit der Jugend und Partys?“

  1. Toller Beitrag, danke!
    Gibt es eine Möglichkeit bei einem neuen Beitrag im Blog informiert zu werden? Bei Armin Wolfs Blog zB kann man eine Info per Mail erhalten.

    1. Hallo, danke für die Anregung! Aktuell ist das glaub noch nicht möglich, werd schauen, ob ich da irgendwie was passendes installieren kann. Ansonsten kriegt man über Twitter auch immer alles mit. 🙂

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