“Unsaubere Praxis”: Wie Ministerien für Parteien in Sozialen Medien unterwegs sind

Dieser Text erschien zuerst am 30.8.2022 in den Vorarlberger Nachrichten und ist weiterhin hier abrufbar.

 

Die Praxis, wonach Accounts von Parteipolitikern von Mitarbeitern in Bundesministerien betreut werden, wirft Fragen auf.

Wien Vor einigen Tagen sorgten Postings auf den Facebook-Seiten von Vizekanzler Werner Kogler und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) für Aufregung.

Auf den Accounts, die nämlich offensichtlich zum Teil mit Ressourcen aus den Bundesministerien betrieben werden, wurde Werbung für die Präsidentschaftskandidatur von Alexander Van der Bellen geteilt – verbunden mit der Aufforderung, eine Unterstützungserklärung zu unterschreiben. Unklar blieb aber, in welchem Ausmaß Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bundesministerien – also der staatlichen Verwaltung, die eigentlich unabhängig zu allen politischen Parteien arbeiten sollte – die Grünen-Auftritte in Sozialen Medien betreuen.

Denn im Social-Media-Impressum der Grünen ist zu lesen, dass die Bundespartei die angesprochenen Facebook-Auftritte organisiert und deren Medieninhaberin ist. Dennoch erklären die Grünen auf VN-Anfrage, dass “Mitarbeiter der jeweiligen Kabinette in den Bundesministerien die notwendigen Facebook-Berechtigungen haben, um Inhalte in der Funktion als Bundesminister zu veröffentlichen”. Parteipolitische Inhalte – zum Beispiel Wahlwerbung oder Grüne Kampagnen – würden demnach nur von der Bundespartei gepostet; Inhalte in der Funktion als Minister – zum Beispiel aktuelle Regierungsmaßnahmen und Arbeitsbesuche – nur von den Mitarbeitern in den Ministerien: “Somit bleibt die inhaltliche und personelle Trennung zwischen Partei und Ressort gewahrt.” Außerdem halten die Grünen fest, “dass selbstverständlich kein Cent aus den Ministerien in Werbeanzeigen für persönliche Social Media Profile fließt.”

“Es ist eine schwierige Grauzone”

Der Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger (Universität Wien) sieht in dieser Methode dennoch ein Problem, wie er im VN-Gespräch erklärt: “Das ist leider eine Praxis, die es nicht geben dürfte. Sie ist unsauber.” Außerdem könnten der Rechnungshof – der bereits eine Prüfung von Social-Media-Auftritten der Regierungsmitglieder ankündigte – und der Unabhängige Parteien-Transparenz Senat (UPTS) laut Sickinger die Arbeitsleistung des Ministeriums als unzulässige Spende an die Partei werden. Das wäre ein Verstoß gegen das Parteiengesetz. Sickinger betont, dass so bereits bei früheren Bundesregierungen gearbeitet worden sei, “zunehmend wird aber eine schärfere Trennung erwartet”. Außerdem sei es problematisch, wenn ein in Bundesministerien betreuter Account zum Beispiel für Wahlkampfzwecke verwendet wird: “Eigentlich sollten das Ministerinnen und Minister nicht tun. Es ist jedenfalls eine schwierige Grauzone und könnte als Sachleistung der Ministerien an Parteipolitiker eingestuft werden.”

In ihrer Stellungnahme betont die Grüne Bundespartei, dass ihr die unterschiedliche Behandlung der “Doppelrolle” von Ministern, die gleichzeitig Parteimitglieder sind, ein Anliegen sei: “Entscheidend ist, dass zwischen den beiden Rollen getrennt wird.” Dass die Bundespartei bei gewissen Accounts Medieninhaber sei, liege daran, “dass viele Seiten bereits vor der Regierungsfunktion von den jeweiligen Politikerinnen und Politikern gestartet wurden.” Außerdem übernehme die Bundespartei auch die Haftung für die Seiten. Ob der Politiker im Namen der Partei oder als Minister kommuniziere, sei außerdem klar daran zu erkennen, ob das Corporate Design des Bundes verwendet werde – oder eben nicht.