Dieser Text erschien zuerst am 12.2.2023 in den Vorarlberger Nachrichten und ist weiterhin hier abrufbar.
Eine parlamentarische Anfragebeantwortung wirft Fragen rund um den Bezug der Staatssekretäre auf.
Wien Theoretisch kennt die Lohnverrechnung des Bundes zwei “Arten” von Staatssekretären. Entweder werden sie von “ihrem” Bundesminister mit inhaltlichen Aufgaben betraut oder eben nicht. Der Unterschied ist deutlich: Übernehmen sie eine Agenda, erhalten sie 2023 17.164,70 Euro brutto monatlich. Tun sie das nicht, können sie ihren Ressortchef “nur” in der Geschäftsführung unterstützen sowie parlamentarisch vertreten und erhalten dafür auch “nur” 15.257,50 Euro.
Neue Ressorts nach Regierungsumbildung
Naturgemäß kann der Ressortchef “seine” Staatssekretärin aber nur mit inhaltlichen Zuständigkeiten betrauen, wenn diese zum Amtsbereich seines Hauses gehören. Wofür die einzelnen Ministerien verantwortlich sind, ist im Bundesministeriengesetz geregelt. Dieses wird bei der Angelobung von neuen Koalitionen oder bei Regierungsumbildungen regelmäßig novelliert, so auch im Juli 2022. Zwei Monate zuvor, im Mai, wurden Florian Tursky zum Staatssekretär im Finanzministerium und Susanne Kraus-Winkler(beide ÖVP) zur Staatssekretärin im Wirtschaftsressort ernannt.
Kraus-Winkler sollte dort die Tourismus-Agenden übernehmen. Diese waren aber bis zur Gesetzesänderung im Juli noch Teil des Landwirtschaftsministeriums. Ihr, im Wirtschaftsministerium, konnte dieses Themengebiet also gar nicht übertragen werden. Eine Pressesprecherin bestätigte im Mai auf VN-Anfrage, dass sich die Staatssekretärin zwar schon einarbeite, “die formelle Zuständigkeit für den Tourismus” gehe aber erst nach Beschluss des neuen Bundesministeriengesetzes auf sie über. Auch die Agenden von Tursky – Digitalisierung, Telekommunikation und Breitband – mussten erst dem Finanzressort zugeordnet werden.
Keine Zuständigkeiten, dennoch höheres Gehalt
So blieben Kraus-Winkler und Tursky zumindest für diese beiden Monate zwischen Angelobung und Gesetzesänderung, die sich wegen eines Formalfehlers im Parlament übrigens noch verzögerte, ohne Zuständigkeiten. Dennoch wurden sie so bezahlt, als wären sie bereits mit inhaltlichen Aufgaben betraut worden. Das geht aus einer aktuellen Anfragebeantwortung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), er ist für das Bundesbezügegesetz (BBezG) zuständig, an den Bundesrat hervor: “Alle vier amtierenden Staatssekretäre erhalten – entsprechend der langjährigen Staatspraxis – einen Bezug gemäß § 3 Abs. 1 Z. 7 BBezG ab dem Tag ihrer Angelobung.” Und diese Ziffer des Gesetzes regelt eben die Bezahlung der Staatssekretäre, die mit inhaltlichen Aufgaben ausgestattet sind. Es wurden also Bezüge für nicht geleistete Aufgaben ausbezahlt.
Für die Anfragensteller ist diese Vorgehensweise unverständlich: “Schlimm genug, dass sich der Bundeskanzler darauf ausreden will, dass ein klarer Rechtsbruch, und nichts anderes ist die ungeprüfte Auszahlung des erhöhten Bezuges, ,gelebte Staatspraxis‘ sei. Bei Tursky und Kraus-Winkler ist es glasklar, dass sie schon rein technisch nicht ab dem Tag der Angelobung bezugsberechtigt gewesen sein können, weil es ihre Agenden in ihrem Ministerium da schlicht noch gar nicht gab”, wird etwa Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky (Neos) in einer Presseaussendung zitiert. Er fordert eine Rückzahlung der “offensichtlich unrechtmäßig erhaltenen” Bezüge. Dem schließt sich SPÖ-Bundesrat Sascha Obrecht an und ergänzt: “Immer wenn jemand das Licht andreht, hat die ÖVP die Finger in der Keksdose.”